Fortschrittsskepsis bei jüdischen Intellektuellen der Moderne

Öffentlicher Abendvortrag von Professor em. Dr. Christoph Schulte (Potsdam)

In der modernen Geschichtsphilosophie von Voltaire über Hegel bis zu Marx wird der Verlauf der Weltgeschichte als Fortschritt betrachtet. Jüdische Intellektuelle begegneten diesem Fortschrittsoptimismus von Anfang an skeptisch: Von Mendelssohn bis Rosenzweig kritisieren Philosophen und Rabbiner die geschichtsphilosophische Annahme, das Christentum habe das Judentum historisch ‚überwunden‘ und abgelöst. In den Materialschlachten des Ersten Weltkriegs, im industrialisierten Massenmord der Shoah, aber auch in der Atombombe manifestierte sich die destruktive Seite des technischen Fortschritts auf Kosten der Humanität. Dessen Kritik findet sich bei W. Benjamin, Horkheimer/Adorno, G. Anders und H. Arendt. Allen gemeinsam ist die Erfahrung: Kein Fortschritt hat je den Antisemitismus aus der Welt geschafft.

Christoph Schulte war von 2001 bis 2024 Professor für Philosophie und Jüdische Studien an der Universität Potsdam. Er studierte Philosophie, Judaistik, Theologie und Publizistik in Heidelberg, Berlin und Jerusalem. Die Promotion folgte 1987 in Berlin, Habilitation in Potsdam 1996. Er erhielt 2003 den Gleim-Literaturpreis und 2021 den Inklusionspreis der Universität Potsdam. Er war Fellow/Gastprofessor in Jerusalem, Montreal, Paris, Chicago, Aix-en-Provence, Philadelphia, Zürich, Basel, Haifa, Hamburg und Research Fellow am Bucerius Institute der Universität Haifa. Er veröffentlichte zahlreiche Buchpublikationen, darunter Die jüdische Aufklärung (2002), Zimzum (2014, engl. 2023), Von Moses bis Moses (2020).

Moderation: Professor Dr. Dr. h.  c. Heinrich Assel

Bildnachweis: Professor em. Dr. Christoph Schulte (Potsdam)
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