Nachdenkliches für den Tag

"Es ist besser, die Trauer zu überwinden als sie zu betrügen."
Seneca, Trostschrift an seine Mutter Helvia, 17.1b

FAZIT:
Jeder von uns hat schon einmal einen Menschen verloren., der ihm nahestand - einen Freund, einen Kollegen, ein Elternteil oder die Großeltern. In unser tiefen Trauer kam vielleicht jemand, der es gut mit uns meinte, und versucht hat, uns für ein paar Stunden abzulenken. Das ist zwar lieb gemeint, aber die Geste ist falsch.
Von den Stoikern wird oft behauptet, die unterdrückten ihre Gefühle, doch eigentlich geht es in ihrer Philosophie vor allem darum, dass wir lernen, uns unseren Gefühlen zu stellen, sie anzuerkennen und entsprechend zu handeln, anstatt vor ihnen wegzulaufen. Es mag verführerisch sein, sich selbst etwas vorzumachen oder sich vor einer starken Emotion wie der Trauer zu drücken, indem man sich und anderen sagt, man komme schon klar. Achtsamkeit und Verständnis sind viel besser. Ablenkung mag auf kurze Sicht angenehm sein - die Römer etwa hätten sich einen Gladiatorenkampf anschauen können. Doch auf lange Sicht ist es besser, sich darauf einzulassen.
Das bedeutet, dass man sich jetzt mit etwas auseinandersetzen muss. Verarbeite und analysiere, was du fühlst. Schiebe deine Erwartungen beiseite, dein Ansprüche, dein Gefühl, nicht richtig behandelt worden zu sein. Such das Positive in dieser Situation, achte ebenso auf deinen Schmerz und akzeptiere ihn, bedenke, dass er Teil deines Lebens ist. So überwindest du die Trauer.

Aus: Ryan Holiday & Stephen Hanselman: Der tägliche Stoiker. 366 Nachdenkliche Betrachtungen über Weisheit, Beharrlichkeit und Lebensstil. Finanzbuchverlag, 2017