1700 Jahre in 90 Sekunden: Durch die Blume

Zum Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" präsentiert die Dalman-Sammlung virtuell jeden Monat ein besonderes Artefakt.

In einem Punkt waren sich jüdische und christliche Reisende um 1900 sehr ähnlich: Alles, wirklich alles, was im Heiligen Land seinen Ursprung hatte, taugte zum Souvenir. Zu den Klassikern gehörten Grußkarten mit einer gepressten Blume aus Jerusalem oder Bethlehem. Damals lebten vor Ort ganze Dörfer davon, solche Erinnerungsstücke zu fabrizieren. Aber es gab auch die andere, die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Flora Palästinas. Der Greifswalder Sammlungsbegründer Gustaf Dalman (1855–1941), der als Theologe diese Kulturlandschaft in all ihren Facetten erforschte, arbeitete dafür eng zusammen mit John E. Dinsmore (1862–1941), einem Jerusalemer Botaniker amerikanischer Herkunft. Gemeinsam erstellten sie eine genaue Klassifizierung der Pflanzenwelt von Palästina, die erste ihrer Art.

In der Greifswalder Sammlung haben sich rund 2000 Blätter eines Herbariums erhalten, in dem Dalman gepresste und getrocknete Pflanzen aufbewahrte – alles sorgfältig beschriftet nach der eigenen Systematik. Manches hatte er dafür selbst gesammelt, anderes dazugekauft. Selbst eigentlich touristisch aufbereitete Stücke wurden ins Konzept eingebunden. Heute sind diese Stücke nicht nur ein begehrtes Forschungsobjekt für Botaniker:innen, sie bieten auch unerwarteten Lesestoff. Dalman nutzte immer wieder "Altpapier", um darin seine Funde aufzubewahren. Die Bandbreite reicht von der ungestempelten Promotionsurkunde bis zum Zeitungsausschnitt. Darunter finden sich etwa zwei Seiten aus "Die Flotte", einer nationalistischen Monatsschrift des Deutschen Flottenvereins, mit dem sich Dalman 1908 über die Entwicklungen in der Heimat auf dem Laufenden hielt. Heute stechen eher die weniger politischen Anzeigen ins Auge: Vom "Weltdetektiv" bis zum französischen Kräuterlikör fiel die Warenwelt hier deutlich internationaler aus. Am Ende wollten doch alle mit einem Bartwuchsbeförderer ihre "Manneswürde" sprießen lassen.

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