Queerfeministische Literatur – zeitgemäße politische Literatur?

Online-Talk mit Isabelle Lehn, Patricia Hempel, Tobias Reußwig und Alexander Graeff

Trotz der in großen Teilen noch immer patriarchalen Verfugung des deutschsprachigen Literaturbetriebs erscheinen mehr und mehr Bücher von Frauen und Queers in großen Publikumsverlagen. Queere Klassiker werden in deutscher Übersetzung veröffentlicht, zahlreiche Initiativen für mehr Sichtbarkeit queerfeministischer Anliegen haben sich in den letzten Jahren gegründet und neu entstehende Buchläden spezialisieren sich auf Literatur von Queers und Frauen.

Was ist dran an dieser Entwicklung? Nur ein Trend oder stecken zeitgemäße politische Anliegen hinter dieser Bewegung? Isabelle Lehn, Patricia Hempel, Tobias Reußwig und Alexander Graeff diskutieren diese und andere Fragen und nähern sich dem Phänomen aus praktischer und (literatur-)wissenschaftlicher Perspektive.

Isabelle Lehn (*1979 in Bonn) lebt als freie Schriftstellerin in Leipzig. Sie wurde 2011 an der Universität Tübingen im Fach Rhetorik promoviert und absolvierte ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, wo sie regelmäßig als Gastdozentin tätig ist und von 2013 bis 2017 zur staatlichen Schriftstellerausbildung in der DDR forschte. 2016 erschien ihr Debütroman »Binde zwei Vögel zusammen« (Eichborn), aus dem sie im selben Jahr beim Ingeborg-Bachmann-Preis las. 2017 wurde der Roman mit dem Förderpreis des Schubart-Literaturpreises ausgezeichnet. 2018 publizierte Lehn gemeinsam mit Katja Stopka und Sascha Macht den literaturhistorischen Band »Schreiben lernen im Sozialismus« (Wallstein). Ihr autofiktionaler Roman »Frühlingserwachen« (S. Fischer, 2019) fand als neue Perspektive eines »weiblichen Schreibens« große Beachtung bei Publikum und Kritik. Vieldiskutiert wurde auch Lehns Aufsatz »Weibliches Schreiben in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur« (S. Fischer hundertvierzehn, 2020), der sich mit der geschlechtsspezifischen Rolle von Autorinnen im Literaturbetrieb auseinandersetzt.

Alexander Graeff (*1976 in Bad Kreuznach), Dr. phil., Schriftsteller und Philosoph. Er studierte Wirtschafts-, Ingenieur-, Erziehungswissenschaften und Philosophie in Karlsruhe und Berlin. Graeff veröffentlichte zahlreiche philosophische sowie belletristische Texte. Seine belletristischen Arbeiten (Prosa, Lyrik) sind mitunter surreal. Er scheut sich nicht vor literarischen Mischformen und transdisziplinärem Arbeiten. Aktuelle Veröffentlichungen sind »Die Reduktion der Pfirsichsaucen im köstlichen Ereignishorizont« (Verlagshaus Berlin, 2019) und »Okkulte Kunst« (transcript, 2019). Alexander Graeff arbeitet als Referent im interreligiösen und interkulturellen Dialog und ist Leiter des Programmbereichs Literatur der Brotfabrik Berlin sowie Initiator der Lesereihe »Schreiben gegen die Norm(en)?«. In der Queer Media Society engagiert er sich für mehr Sichtbarkeit queerer Personen und Geschichten im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Er lebt in Berlin und Greifswald.

Tobias Reußwig (*1989 in Hagen) lebt als freier Schriftsteller und Übersetzer in Greifswald. 2015 und 2019 war er Stipendiat des Poetencamps des Literaturhauses Rostock sowie 2016 und 2017 des Hieronymus-Programms des deutschen Übersetzerfonds. Seit 2016 übersetzt er die queeren Romane des kanadischen Schriftstellers Joey Comeau für den Luftschacht Verlag (Wien). Er studierte Germanistik, Skandinavistik und Literaturwissenschaft in Greifswald, in seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit Semiotik und Comics. Seit 2010 engagiert er sich in verschiedenen Lesereihen, Literaturinitiativen und -vereinen, darunter pom-lit e.V., »Lesen was auf den Tisch kommt« und »Weitergelesen!«. 2020 erhielt er für seinen Gedichtzyklus »der Körper lügt« den Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern.

Patricia Hempel (*1983 in Berlin) studierte Altertumswissenschaften und Prähistorische Archäologie an der FU Berlin. In ihrer Abschlussarbeit »Reichtumsdifferenzierung von Frauengräbern der Älteren Bronzezeit« setzte sie sich quellenkritisch mit dem Phänomen protokapitalistischer Gesellschaftsstrukturen und im Ahnenkult repräsentierten Gendersymboliken im Spannungsfeld von patriarchalischen Forschungsansätzen und mangelnden Genderdiskursen in der Forschung auseinander. Während ihres Studiums des Literarischen Schreibens in Hildesheim verfasste sie ihren Debütroman »Metrofolklore« (Tropen, 2007), der sich satirisch mit weiblich-queeren Lebenswirklichkeiten und männlich belegtem Sprachtenor befasst, um alltägliche Chauvinismen und Sexismen zu entlarven. In der Queer Media Society engagiert sie sich für mehr Repräsentanz queerer Literatur im deutschsprachigen Literaturbetrieb und befasst sich mit der Kontroverse Nischenliteratur vs. Mainstream.

_Anderer Ort siehe Terminbeschreibung (Karte nur symbolisch) Greifswald

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