Nachdenkliches für den Tag

"Hier ist eine Lektion, um den Eifer deines Verstandes zu prüfen. Verbringe eine Woche mit dem magersten und einfachsten Essen, kleide dich spärlich in schlichten Lumpen, und dann frage dich, ob dies wirklich das Schlimmste ist, was du zu befürchten hast. Wenn die Zeiten gut sind, dann solltest du dich bereit machen für die schwierigeren Phasen in der Zukunft, denn während Fortuna uns hold ist, könnten wir unsere Verteidigung gegen ihre Attacken aufbauen. Deshalb üben die Soldaten zu Friedenszeiten, bauen Bunker, obwohl kein Feind in Sicht ist, und strapazieren sich, obwohl niemand angreift, damit sie nicht müde werden, wenn es soweit ist."
Seneca, Moralische Briefe, 18.5-6

FAZIT:
Wie wäre es, wenn du an einem Tag im Monat die Auswirkungen von Armut, Hunger, Vereinsamung oder was auch immer du fürchtest, ausprobierst? Nach dem ersten Schock der Umstellung würde es sich normal anfühlen und dir gar nicht mehr so furchtbar erscheinen.
Es gibt jede Menge missliche Situationen, auf die man sich vorbereiten, und viele Probleme, die man im Vorhinein vermeiden kann. Stell dir vor, du hättest kein heißes Wasser mehr zuhause. Stell dir vor, man hätte dein Portemonnaie gestohlen. Stell dir vor, deine komfortable Matratze wäre weg und du müsstest jetzt auf dem Boden schlafen, oder dein Auto wird dir weggenommen und du musst jetzt zu Fuß überall hin. Stell dir vor, du hast deinen Job verloren und musst nach einem neuen suchen. Denke nicht bloß über diese Situationen nach, sondern lebe sie. Und tu es jetzt, solange es dir gut geht. Wie sagte Seneca noch: "Besonders in den Zeiten, wo die Sorgen dir nichts anhaben können, solltest du deine Seele stählen, weit bevor die Gefahr für große Sorgen sich auftut ... Wenn du willst, dass ein Mann sich der Krise stellt, anstatt zu fliehen, dann übe mit ihm, bevor sie kommt."

Aus: Ryan Holiday & Stephen Hanselman: Der tägliche Stoiker. 366 Nachdenkliche Betrachtungen über Weisheit, Beharrlichkeit und Lebensstil. Finanzbuchverlag, 2017.